Als Wood-and-Canvas Canoes werden Kanus bezeichnet, die aus Holzspanten und Planken gebaut werden. (Wood) Um die Boote abzudichten wird eine Bespannung aus Segeltuch vorgenommen. (Canvas) Die Bespannung wird mit einem Filler, zu vergleichen mit flüssigem Fensterkitt, imprägniert.
Diese Art von Booten ersetzten gegen Ende des 19. Jahrhundert die indianischen Birkenrindenkanus.

In diesem Blog wird über Fahrten mit Wood Canvas Canvas berichtet, aber nicht ausschließlich. Teilweise finden sich auch Themen zu Reparaturarbeiten, aber auch Berichte über Fahrten mit Kanus im Allgemeinen. Im Blog-Achiv kann zurück geblättert werden. In den Themen kann nach Labels sortiert werden. Der Rest sollte sich eigentlich selbst erklären.

Ich schreibe hier mittlerweile nur noch sporadisch, bzw. ich verlinke meist zu meinem Blog auf wood-and-canvas.de

Montag, 1. August 2005

Neues Boot


Fünf Tage im August 2005

Ich machte mich auf den Weg, quer durch die Republik, um mir in Potsdam ein Kanu zu bauen.

Wieso das?
Ein Kanu kann man doch überall bauen? Stimmt. Aber in Potsdam gibt es eine kleine Holz-Canvas-Kanu Manufaktur.
Ich habe schon seit ein paar Jahren ein solches Kanu für die ganze Familie, aber jetzt wollte ich noch ein kleines handliches Boot für mich alleine. Und noch dazu wollte ich es selbst bauen.
André, einer der beiden Bootbauer, sagte das bekommt ihr nie hin, in fünf Tagen. Sein Bruder Micha hielt dagegen.



Micha hatte aber auch wirklich schon viel vorbereitet als ich ankam.

Die Spanten und Planken waren schon gesägt und auch einer der Steven war schon gebogen.
Und dann ging es los. Ich hatte ja schon einige Boote gebaut, aber das übertraf alles.
Wir arbeiteten zu zweit von morgens neun bis abends um sechs und machten auch eine ordentliche Pause am Mittag. Es kam zu keiner Zeit Hektik oder Stress auf, ja es war fast schon meditativ wie wir arbeiteten. ...

Am ersten Tag galt es die Spanten über die Form zu biegen. Dazu muss erklärt werden, das Boot wird über eine Positivform gebaut. Das Holz wird in eine Kiste, unter der ein Topf mit köchelndem Wasser steht, der so genannte Dämpfkasten, gelegt. Nach kurzer Zeit werden die Spanten heraus genommen und über die Formgebogen und am inneren Süllrandholz, das an der Form fixiert ist befestigt. Man arbeitet von der Mitte aus, erst bis zum einen Ende, dann zum anderen. Am späten Nachmittag waren alle Spanten gebogen und wir kamen sogar noch dazu die ersten beiden Planken auf zunageln. Die Planken sind ca. 10 cm breit und ca. 6mm stark. Sie werden mittels den so genannten Canoetacks, kleinen geschnittenen Nägeln, die man nur in USA und Kanada bekommt durch die Spanten fest genagelt. Ein wichtiges Detail, unter jedem Spant sitzt ein Stahlband auf der Form, auf dem die Tacks umgeknickt werden.

Das Beplanken dauerte den ganzen nächsten Tag an. Gegen Abend konnten wir das Boot bereits von der Form nehmen.

Am dritten Tag wurde es laut.
Die umgeknickten Tacks im Bootsinneren wurden vernietet. Dazu benutzten wir das so genannte Clinshingiron, ein schweres Gusseisenstück das in vielen unterschiedlichen Radien geformt ist, um jede Stelle des Bootskörpers gut zu erreichen und einen Niethammer. Das rohe Boot wurde dann geschliffen und war dann bereit bespannt zu werden. Die Bespannung besteht aus einem schweren Canvasstoff. Dieser wird doppelt gelegt und mit der offenen Seite nach oben aufgespannt, so dass das Boot wie in eine Hängematte hineingelegt werden kann. Dann wird der Stoff am oberen Rand der Beplankung angenagelt. Das Vernieten und Bespannen nahm den dritten Tag in Anspruch.

Der vierte Tag begann mit Rühren.


Das Canvastuch muss ja irgend wie dicht werden. Das geschieht durch die Imprägnierung mit einem „Füller“, einem Gemisch aus Leinöl, Quarzsand und sonst noch ein paar Zutaten die die Kanubauer gerne für sich behalten. Jeder Kanubauer hat das ein eigenes Rezept um ein möglichst stabiles, abriebfestes und haltbares Produkt zu erzielen. Dieser Füller wurde dann von uns in das Canvasgewebe eingerieben. Der Rest des Tages blieb dann noch Zeit für das Zusägen und Montieren des äußeren Süllrandes. Eigentlich war das Boot jetzt fertig.
Den fünften Tag verbrachte ich mit dem Anfertigen der Quer und Sitzhölzer.

Da der Füller noch ziemlich feucht war und ich das Boot noch nicht verpacken konnte, lieh ich mir für den sechsten Tag von André ein Boot und machte mich auf den Weg, auf dem Griebnitzsee, der Havel, vor bei an der Pfaueninsel, durch den Großen und den Kleinen Wannsee, rund um den Berliner Forst zu paddeln.


Tags darauf war das Boot verpackt, aufs Auto geladen und ich wieder unterwegs Richtung Bodensee.


Fünf Wochen später hatte ich das Boot noch mal geschliffen, mit Ölfarbe gestrichen und als Unterwasserschutz einen Schellackanstrich angebracht.


Das neue Boot hat den Namen Juni bekommen.